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Anmerkungen zum Bildungsstreik

Wer hätte gedacht, dass es noch einmal nötig sei, in diesem Magazin die Proteste der StudentInnen mit einem Wort zu erwähnen. Doch die Ereignisse beim kürzlich stattgefundenen so genannten Bildungsstreik verdeutlichen zu viel, als dass man sie ignorieren könne.
Zuerst einmal: Es handelte sich um keinen wirklichen Bildungsstreik. Die 2000-3000 SchülerInnen und StudentInnen, die sich der großen Demonstration anschlossen sind nichts gegen die restlichen tausenden Studierenden, die zur gleichen Zeit in den Hörsälen saßen, weil sie zutiefst zufrieden mit dem Status Quo sind. Die Mehrheit der Damen und Herren Studierenden interessiert sich nicht für die Forderungen, einfach und alleine aus dem Grund, weil sie mit der Situation zufrieden sind. Genau deshalb kann eine Aktion nicht im isolierten Kreis der zukünftigen und gegenwärtigen Studierenden stattfinden, wenn der Protest zu einer Revolte werden soll.
Die Art und Weise, wie es die OrganisatorInnen schafften, der Demo einen revolutionären Charme zu verleihen, um sich am Ende zu beschweren, wenn ein paar hundert Menschen diesen Anspruch ernst nehmen, war zutiefst zynisch. An gewissen Orten wurden Sitzstreiks simuliert, bis ein Ordner die Leute aufforderte, bitte wieder aufzustehen- und sie folgten zunächst noch. „Was ist das Problem? Das System!“ wurde durch das Megaphon gebrüllt, um den DemonstrantInnen das Gefühl zu geben, hier handele es sich nicht um eine Wahlkampfveranstaltung des SDS, der Jusos oder Grünen, sondern um einen Aufruhr gegen das große Ganze. Weit gefehlt! Am Ende kamen ein paar Leute dann doch auf einen vernünftigen Gedanken: Sie hatten keine Lust mehr, sich von OrdnerInnen vorschreiben zu lassen, was zu tun sei, und brachen aus der Demonstration aus. Im Nachhinein wäre die Sabotage wirkungsvoller gewesen, wenn man den Röntgen-Ring besetzt hätte. Aus Mangel an Mut und Menschen musste man dieses Unternehmen wieder aufgeben, bis Verstärkung angerückt war. Die Sitzblockade, die anschließend an der Juliuspromenade stattfand, war zweifellos das Beste, was Studierende Im Kontext der Proteste in den letzten Jahren hervorgebracht haben, und zwar aus mehreren Gründen: Erstens trennte die Sitzblockade denjenigen Teil der StudentInnen, der die Generalprobe für die große Politik spielen möchte, von denen, die die Demoparole „Wenn wir wollen, steht alles still!“ ernst nehmen. Dazu im nächsten Absatz mehr. Zum anderen hat die Aktion dazu geführt, auch in Würzburg ein paar Studierenden den Sinn von Sabotage zu verdeutlichen. In Frankfurt am Main besetzte man während der Studiengebührenproteste Plätze, Gebäude und Autobahnen, während im braven Würzburg 2005 ein einziges Polizeiauto genügte, um tausende Menschen in Zaum zu halten. Über das Ende des Sitzstreiks muss nicht viel verloren werden- die OrdnungshüterInnen rückten nicht nur mit StreifenpolizistInnen, sondern auch mit Bereitschaftspolizei und Staatsschutz an, filmten die Kundgebung und lösten letztendlich den Sitzstreik auf. Die Staatsmacht war sich des Ernstes der Lage durchaus bewusst.
Im Nachhinein kam das Aktionsbündnis Bildungsstreik in Würzburg zu einer klugen Einschätzung, die ich den OrgansatorInnen in dieser Klarheit gar nicht zugetraut hätte: Natürlich distanzierte man sich zuerst einmal vom Sitzstreik. Wer ein sauberes Image als PolitikerIn haben möchte, darf natürlich die WürzburgerInnen nicht mit einem Sitzstreik erzürnen. Daher kommt man zum Schluss, dass es sich bei der Splittergruppe um eine Gruppe mit antideutschen Parolen gegen den Staat gehandelt habe. Das Aktionsbündnis selbst richte ihre Forderungen aber nicht gegen, sondern an den Staat. Sehr richtig! Die Trennung zwischen JungpolitikantInnen und revolutionären Kräften unternehmen also auch die OrganisatorInnen. Natürlich hat man auch gleich das passende Schimpfwort parat, um die anderen von den SaboteurInnen fernzuhalten: es seien Antideutsche. Wenn jede Agitation gegen die politische Form der kapitalistischen Gesellschaft, den Staat, antideutsch ist, dann scheint es für die offiziöse Studierendenpolitik nur noch sie oder die Antideutschen zu geben. Mir soll das recht sein. Zwei Tage später versuchte man dann, den Berliner Ring zu besetzen. Zweifellos eine gute Idee.
Es stellt sich die Frage, was der Sitzstreik bedeutet, und ob er überhaupt irgendetwas zu bedeuten hat. Vielleicht war er nicht mehr als ein spontaner Einfall und eine Verkettung von Zufällen. Vielleicht ist der Sitzstreik aber auch ein Anfang für einen neuen Zweifel an offizieller Unipolitik und den ausgelatschen Pfaden ihrer Agitation. Wenn es in Würzburg auch, im Vergleich zu anderen Städten, kein linksradikales akademisches Milieu gibt, so könnten doch einige Leute für zukünftige Aktionen ihre Lehren aus dem Sitzstreik gezogen haben. Nicht vergessen werden darf dabei jedoch, dass die Revolte erst eine sein wird, wenn man das akademische Milieu verlässt, um das Öl dorthin zu bringen, wo Feuer ist.

Yvonne Hegel

Posted in aktuell, heft 12, sport, würzburg, yvonne hegel.


7 Responses

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  1. Gramsci says

    Cool veröffentliche doch meine Adresse (Ironie)! Und deine Beleidigungen finde ich auch toll! Wer keine Argument hat, muss halt zu anderen Mitteln greifen, was??? Wer heult den hier?
    Ich lach mich nur einen ab, wie leicht man euch provozieren kann und ich der Inhaltslosikeit überführen kann.
    Macht nur weiter, ich werde mich weiterhin euerer Beiträge erfreuen.

  2. Gramsci says

    Huh mir das Maul verbieten wollen. Die Geschichte kenn ich doch? Mal überlegen, da gab es so eine Zeit in der Faschismus und rotlackierte Faschisten die Macht hatten, da wurde einem auch der Mund verboten!
    Von dir lasse ich mir bestimmt nicht den Mund verbieten. Hast wohl Angst vor der Kritik, die euch als elitäre Interlektuelle , die von der arbeitenden Masse entfremdete sind, darstellt??? Oder hast du Angst als Träumerin darzustehen, die was von berwindung des Kapitalismus schwätzt, sich den Sozialismus herbeisehnt und stundenlang mit den FreundInnen darüber diskutiert wie man es bewerkstelligt!
    Wo ist ist eure Aktion? Wo seit ihr? Was verändert ihr? Wo ist die Revolution? Nirgends, denn ihr diskutiert nur anstatt zu verändern. Der Weg ist lang, hart und schmutzig.
    Aber darauf habt ihr kein Bock. Es besteht die Gefahr, dass sich anstrengen muss……
    „Die Aufgabe des Revolutionärs ist es Revolution zu machen!“ Ich spar mir mal zu belegen von wem das Zitat ist.

  3. evi schmitt says

    jetzt halt schon endlich dein maul, trottel.

  4. Gramsci says

    Toll! Wie willst du ohne die Massen auf der einer Seite kämpfen? Wie willst du kämpfen, wenn du nicht die Mehrheit hinter dich gezogen hast?
    Dann endest du wie die RAF in einer parallelen Welt in der du deine Phantasien von Sozialismus und Kommunismus leben kannst. Aber wo bleibt der Mensch? Revolution kann nur gelingen, wenn man auch den Rückhalt bei der Bevölkerung bzw. dem Proletariat hat. Vielleicht solltest du dich mal mit den Strategie zum Volkskrieg beschäftigen…..
    Solche wie dich kenne ich: Ihr seit die VerräterInnen an der Klasse. Lieber interlektuell klugscheißern als für die Entrechten kämpfen. Lieber jemanden krepieren sehen als zu Helfen. Wahre SozialistInnen warten nicht auf die Revolution um all das übel aus der Welt zu schaffen, sondern lassen jetzt und hier Taten sprechen. Für dich ist Sozialismus ein tolles Lebensgefühl und dazu vielleicht noch in gewissen Kreisen wieder in!
    Tja, wenn du meinst das man Massen entmüdigt, wenn man sie zu Wort kommen lässt, dann hilfst du nur den Herrschend! Dein nix tun zementiert die Macht der Herrschenden.
    Bleibt du nur in deiner Kammer mit deinen FreundInnen und schreibe weiterhin theoritische Aufsätze und Kritiken während ich lieber anpacke um die Welt schon jetzt zu verändern und nicht auf den Messias Revolution alleine warte!

  5. evi schmitt says

    „überzeugte/r sozialist/in“,

    spars dir doch. kritisieren kannst du uns nicht, weil wir keine gemeinsamen ziele haben. ihr einerseits, und das bürgerliche lager andererseits, das ist das selbe pack. bin ich jetzt sektiererisch? so sei es. leute, die die masse einbinden und ihnen eine stimme leihen wollen, das heisst: sie entmündigen und beherrschen wollen, werde ich bekämpfen, solange ich lebe.wir sind klassenfeinde, trommler.

  6. Gramsci says

    Die hier von eineR sich sogenannten Linken formolierten Kritik mangelt es wieder einmal an Wirklichkeitsnähe. Wie immer meinen sie, dass man Aktionen machen muss (wie massive Sitzblockaden), die in keinster Weise sinnhaft sind. Vielmehr treiben solche Aktionen die ArbeiterInnen bzw. die LohnarbeiterInnen von einer sozialistischen Bewegung weg. Anstatt diese einzubinden und Ihnen auch eine Stimme zu verleihen, wird in dogmatischer Starhalsigkeit revolutionäre Aktionen beschworen. Jedoch ist es auffällig, dass gerade jene, die mehr revolutionären Aktionismus fordern, niemals selber eine Aktion planen. Vielmehr nutzen sie die Aktion der sogenannten bürgerlichen Linken.
    Für mich als überzeugteR SozialistIn ist klar, dass ich mich fragen muss welche Aktionen sinnhaft sind und welcher Form ich sie umsetzen muss: Wie groß sind die Aussicht auf Erfolg? Wie groß kann der Schaden sein, wenn ich verliere?
    Hier jedoch wird Kampf um jeden Preis gefordert, auch wenn dieses in die totale Niederlage mündet und zur Schwächung führt.
    Ein solcher Haltung, wie sie hier postuliert wird, führt zur Isolierung und SektiererInnentum. Wieder einmal offenbart sich hier ein „linke“ Fehlanalyse.
    Nur eine breite Organistion kann einen Systemwandel herbeiführen und nicht SektiererInnentum. Dank der ewigen Zersplitterung der Linkenkräfte ist es den bürgerlichen Lager möglich weiterhin zu herrschen.

Continuing the Discussion

  1. Aus gegebenem Anlass « der letzte hype linked to this post on 2009/11/18

    […] Anmerkungen zum Bildungsstreik, von Yvonne Hegel Wenn Studenten protestieren, von Evi Schmitt Das Aktionsbündnis Bildungsstreik als Domteur und Bändiger, von Yvonne Hegel Der Stumpfsinn der universitären Lehre, von Yvonne Hegel Nachtrag zu den Stuidengebühren, von Jörg Finkenberger Nochmal Studi-Sachen, von Jörg Finkenberger Das Elend der studentischen Politik, von Jörg Finkenberger […]