10 Thesen zum Wert der Arroganz
1.Die Gegenwart wird durch die Ideologie der Postideologie bestimmt. Unversöhnliche Standpunkte scheinen nicht mehr zu existieren, jede Debatte wird zum Diskurs, der zum Konsens treibt.
2.Die Addition aller Debatten, die keine Unversöhnlichkeit kennen, nennt sich Postmoderne. In ihr vollendet sich die unbewusste Demut gegenüber dem Kapitalverhältnis.
3.Die Folge des Absterbens der Unversöhnlichkeit ist ein empfundenes Wir. Dieses Wir ist als verinnerlichte Ressource zu betrachten, an die in (ökonomischen) Krisenzeiten appelliert werden kann, um vereinzelte Menschen zu VolksgenossInnen zu machen.
4.Die Postideologie hat sich längst alle öffentlichen und privaten Debatten zu eigen gemacht: Was früher Authentizität oder Prinzipientreue war, wird heute als Arroganz bezeichnet und geächtet. Eine Diskussionshaltung, die nicht von vorne herein konsensual wirkt, kann wegen der postideologischen Deutungshoheit über die Begriffe als ideologisch gebrandmarkt werden, wobei die Ideologie des Kapitalismus unbehelligt bleibt.
5.Die Gegenwart hat die Fähigkeit verloren, Arroganz und Unversöhnlichkeit zu unterscheiden. Beide Begriffe sind ihrer einstigen Bedeutung beraubt und fallen zusammen.
6.Hochmut ist eine Haltung, die soziale Distanz verdeutlicht. Eine Gegenwart, die keinen Streit ohne Versöhnung kennt, strebt daher danach, die Arroganz als Feind des Friedens auszumerzen.
7.Anstand ist die zur Tugend erhobene Akzeptanz der Umgangsformen, die die Herrschaft des falschen Wir über das Ich möglich machen. Arroganz ist eine Haltung, die keinen Anstand kennt.
8.Wer als arrogant bezeichnet wird, verweigert sich der konsensualen, postideologischen Debattenkultur, in der jede Feindschaft zur Freundschaft werden kann, und Krieg zu Frieden wird.
9.Wer als arrogant bezeichnet wird, kann als VerneinerIn des postideologischen Konsenses angesehen werden. Hochmütig vorgetragene Standpunkte nämlich stehen für sich selbst und für ihre Wahrheit, statt in der Beliebigkeit der postmodernen Wahrheiten zu verschwinden.
10.Arroganz ist daher keine negative Eigenschaft, sondern ein Prädikat, das sich der Selbstverneinung gegenüber dem Kollektiv verweigert und auf die Möglichkeit der Emanzipation hinweist.
Gruppe Arrogante KommunistInnen
ich denke mal der begriff meint, dass sich die menschen keiner ideologie mehr aktiv verschreiben, die die welt erklären und lenken soll (wie es im 19Jh. der fall war: Kapitalismus vs. Sozialdemokratie vs. Sozialismus), sondern vielmehr die kollektive Situation wertungslos hinnehmen, was ja eine affirmation der ideologie des kapitalismus darstellt, aber eben keine apologetische.
so ähnlich wie lady clairwil, juliettes widerpart in der dialektik der aufklärung:
diese dame stellt nach adorno die entscheidende charakterfigur des 20Jh. dar: nachbürgerlich, manipulativ.
sie ist das symbol einer umstands- und affektlosen hingabe an den gegebenen lauf der dinge. ihre anpassung an die gesellschaftichen vorgaben ist soweit optimiert, dass sie kaum mehr in konflikt mit der ausenwelt treten kann.
sie stellt letztlich den klassisch autoritären charakter dar.
könnte das hinkommen?
Was versteht man denn genau unter „Postideologie“? Der Begriff ist mir nicht geläufig.
Siehe auch http://www.funny-van-dannen.de/tabs/saharasand/04_Jugendstil.pdf 🙂