Skip to content


Neues Heft draussen

seit 2 Minuten.

Posted in allgemeines, heft 3.


Ein Vorgeschmack auf den nächsten Hype

Posted in heft 3.


Was ist das?

http://der-keil.org/wueterror.mov

Posted in allgemeines, drama und tanz, für unsere kleinen.


Der Bundestrojaner zum runterladen

Bitte klicken sie auf den unten angegebenen Link um diese Schadsoftware auf ihrem Rechner zu installieren.
Auch wenn Sie nicht sofort etwas merken, es wird ihnen gut tun.

der_bundestrojaner_fuer_Sie.exe

Bemerkung: Auch wenn Sie einen aktuellen Virenscanner haben wird Ihnen das nichts nützen. Die fortschrittliche Technologie des Bundestrojaners ist fortschrittlicher als die Ihrige.

Posted in aktuell, internet, unterhaltung.


Wir haben einen Gewinner

Zu unserem Annoyed-Rätsel in der Ausgabe #2 schrieb uns Daniel P. aus W..:

„aloha….

die „nie wieder deutschland“ lp ist von annoyed aber nicht von denen, sondern von einer würzburger combo aus den 80ern. hab sie vor ein paar jahren leider verscherbelt, punkrockgott i. sollte allerdings noch ein exemplar sein eigen nennen!

cheerio dope“

Danke, Daniel W. Dass die Annoyed von damals mit den Annoyed von heute nicht identisch sind, war uns bekannt (wie gesagt), nicht aber, wer noch eine solche Platte hat.

Ein Abonnement für Daniel P. aus W. auf Lebenszeit, meine Damen und Herren.

Posted in aktuell, drama und tanz, heft 2.


Der befreundete Gesangsverein

Der Keil führt sein neues Stück auf:
Die Bienen
Am Freitag und Samstag im Theaterensemble.
Nähere Infos auf der Homepage des Keils

Posted in aktuell, drama und tanz, für unsere kleinen, würzburg.


Geschafft!

Die Printversion der August/September-Ausgabe ist fertig gelayoutet, Ende der Woche liegt sie aus. Yes ya!

Posted in allgemeines, heft 2.


Hören & Schmecken

Die Seite für moderne Kultur

Heute gehen wir ins Konzert

Das Konzert als solches ist eine bemerkenswerte Veranstaltung. Viele Leute sitzen in einem mehr oder weniger großen Saal, seit einigen Jahren stehen diese – vor allem die jüngeren Leute – auch herum, und haben Freizeit, die sie mit dem Konsum von Geräuschen zu füllen gedenken. Diese Geräusche hinwiederum werden von anderen Leuten fabriziert, welche dabei zumeist arbeiten und zu diesem Zweck auf einem ausreichend großen Raum, der Bühne – idealerweise frontal zum Publikum ausgerichtet, mit allerlei Gerätschaften hantieren. Das Schallwellenausstoßen ist dann Kunst, das ist weder Arbeit noch Freizeit, aber doch auch irgendwie beides. Auf jeden Fall sollte alles so eingerichtet sein, daß das Auditorium hören kann, dabei ausreichend Platz hat und nicht über die Maßen durch harte Sitze oder Witterungseinflüsse gequält und so an der Hörtätigkeit gehindert wird. Die Künstlerinnen und Künstler dagegen dürfen gerne durch Scheinwerfer geblendet und in irgendwelche albernen Kostüme gesteckt werden, so sie nur ausreichend Raum für das Instrumentieren haben. Dieser Platz wiederum hängt von der Beschaffenheit des Klangerzeugers ab, der zum Einsatz kommen soll: Posaunen, gestrichene Kontrabässe und die beim Jazz und der Beatmusik stets vorausgesetzten Schlagzeuge brauchen mehr Fläche als so ein Hemd von Tenor der halt bloß nicht erkältet sein darf.

Ja, so ist das idealiter. Aber die Wirklichkeit! Beginnen wir mit der offiziellen Hochkultur. Das Stadttheater, ach ja äh, Mainfranken Theater, ist ein Ort, an dem man beim Lauschen der dort regelmäßig gegebenen Symphoniekonzerte sitzen und zudem ganz ruhig sein muß. Der Bau ist modern, die Sitze bequem, lästig bloß die Diskussionen unter den im Sonntagsstaat angerückten kunstbeflissenen Franken, ob das gute Eintrittsgeld nicht doch für eine Mundartkomödie hätte ausgegeben werden sollen. Der Beifall beim Einströmen des Ensembles und endlich auch des höchstselbst den Taktstock schwingenden Generalmusikdirektors beendet all solche Debatten. Jetzt wird aber nicht gekleckert, sondern mit Mahlers Auferstehungssymphonie richtig geklotzt: Große Besetzung, Chor, zweites Orchester vor der Türe, Gesangssolistinnen. Also etwa zweimal so viele Leute (die übrigens wirklich arbeiten und also auch Geld bekommen), wie die Bühne vernünftigerweise fassen könnte. Jetzt hebt ein Gerutsche und Füßetreten und Violinenbogengesteche an, das so schön mit der Feierlichkeit der Mahlerschen Auseinandersetzung mit der Endlichkeit des irdischen Daseins und eben der Wiederauferstehung des Menschen kontrastiert, daß es eine wahre Freude ist. Nach knapp eineinhalb Stunden Sitzen, ohne Pause und mit einem zunehmend schmerzenden Knie und somit dem Verfall der Leiblichkeit schon dringlich gewahr, lausche ich andächtig dem Chor beim Schlußsatz:

Aufersteh’n, ja aufersteh’n wirst du,
mein Herz, in einem Nu!
Was du geschlagen,
zu Gott wirst du es tragen.

Mich trug mein Herz – am Arme meiner Liebsten – in den nächstgelegenen Biergarten… Aber sehr schön ist es gewesen, das Konzert mein ich; im Biergarten schon auch, aber das Konzert war halt so richtig schön.

Nächstens wollte ich zur Session der Studenten der Jazz Abteilung der Hochschule für Musik. Dies Ereignis findet jeden Montag in einem hiesigen Veranstaltungsort mit einiger Tradition, dem OMNIBUS statt. Wie immer etwa eine halbe Stunde nach dem offiziellen Termin – 21h – und somit etwa ½ Stunde vor den Musikern (so ist das dort Brauch) steuere ich zunächst zum Tresen. Nichts da! Eine unüberschaubare Menge Leute mit Blasinstrumenten aller Art drängen sich derart auf dem kleinen Bühnchen, daß sich ein Vorbeischleichen zum Bierausschank schwierig gestaltet. Im Kellergewölbe ist dann genug Platz für das Publikum, ausgiebig mit Gläsern herumzufuchteln und den Künstlern und der einen Künstlerin beim Tuten und Tröten zuzuhören und dabei zudem die Ausweichbewegungen der armen Saxophonisten, welchselbige direktemang vor den Posaunen zu sitzen gekommen waren, zu kommentieren. Die Big Band der Musikhochschule! Schon auch sehr schön. Also: Wirklich richtig gut! Aber ob die Studiosi auch gutes Geld bekommen – Eintritt wollten sie dieses Mal haben – weiß ich jetzt nicht, immerhin ist Studium ja nur Einüben von Arbeit…

Daß ich dann im IMMERHIN (Diese location muß ich hier ja nicht erst vorstellen) beim Konzert von Kids Explode wieder mal gestapelte Musiker auf zu kleiner Bühne vor einem Publikum mit ausreichend Platz für raumgreifende Tanzschritte (die niemand wagte) zu sehen bekam, kam nun nicht unerwartet. Das Konzert war ganz ausgezeichnet und ich trank noch am Tresen mit einem der Herren musici, der war auch sehr nett. Die Frage nach Kunst und Freizeit und Arbeit und dem Geld habe ich höflicherweise nicht gestellt. Es gab da noch eine zweite band, der Eintritt war niedrig und viel Leute waren nicht dorten gewesen; sonst hätten sie ja nicht getanzt weil sie nicht hätten können und nicht, weil sie nie nicht gewollt hatten.
Tja, aber jetzt endlich zur Küche: Alles durcheinander, aber doch etwas gemein: wenig Platz nämlich. Hm. Das muß ein Eintopf sein. Für einen Eintopf, an dem die entlegensten Dinge zusammen kommen, der auch noch, nun ja: günstig ist, und der zudem nur so ungefähren Regeln gehorcht, suche ich im Fundus meiner Rezepte aus der alten Heimat, von wo ich einst den Schritt in die Mainfrankenmetropole getan hatte: Schwaben. Ja, ein eigenartig Völklein mit noch eigenwilligerer lokaler Küche. Voila!

Der Gaisburger Marsch.
In einem Topf etwa ein Pfund Fleisch mit zwei klein geschnittenen Zwiebeln kurz anbraten, dann mit Weißwein ablöschen mit etwa 2 l Brühe aufgießen und kochen. Nach etwa einer Stunde eine ganze Zwiebel, zwei grob gewürfelte Karotten, etwas Sellerie, reichlich Petersilie dazu geben. Etwa vier mittelgroße Kartoffeln schälen und in Schnitze schneiden und fast gar kochen. Aus drei Eiern, drei gehäuften Eßlöffeln Mehl, einem Kaffeelöffel Salz und einem Schuß Milch einen Spätzleteig rühren. Die Spätzle mit Hilfe eines „Spätzlehobels“ in kochendes Salzwasser tropfen lassen, aus dem Schaum heben und dann gemeinsam mit den Kartoffeln in die Fleischbrühe geben, darin noch ein Weilchen ziehen lassen, dann servieren.
Varianten mit diversem Gemüse sind zahllos denkbar und auch verbreitet.
Meine Damen und Herren, dieses Gericht existiert tatsächlich und wurde nicht von mir grad zur Gaudi erfunden. Bei unseren südwestlichen Nachbarn fällt es unter die Kategorie „faschd a g’scheids Ässa“.
Gell?

Mahlzeit wünscht
Rainer

Das nächste mal dann wirklich vegetarisch und mit verschiedenem Zeuchs in verschiedenen Töpfen und Pfannen. Ich versprechs!

Posted in aktuell, heft 2, koch-kolumne, musik, rainer bakonyi, unterhaltung.


Ein Gespenst geht um in Europa- das Gespenst des Schwarzen Blocks

Die heftigen Reaktionen auf die Ausschreitungen der so genannten Autonomen sagen viel über den reformistischen Zustand weiter Teile der GlobalisierungskritikerInnen aus. Und viele Argumente eben dieser KritikerInnen, voll bepackt mit fetischisierter Revolutionsromantik, ähneln der Politik der neuen Linkspartei bis ins Detail. Wo es trotzdem sinnvolle Ansätze gab, was ATTAC dazu zu sagen hatte und ob ein Stein ein Argument sein kann.
„Wir wollten, dass von Rostock diesmal andere Bilder ausgehen als jene Bilder, die die Pogrome von 1992 hervorbrachten. Dieses Ziel haben wir verfehlt.“ Monty Schädel muss es genau wissen. Er ist ja immerhin Sprecher der Deutschen Friedensgesellschaft. Im Stern-Interview mit Schädel ließ der Organisator der Großdemo in Rostock daher all seinen Frust heraus und kuschelte sich in die schützenden Arme der bürgerlichen Gesellschaft. Mit seinen Nazi-Vergleichen befand er sich dabei in guter Gesellschaft. Die mediale Hysterie, die die bundesdeutsche Presse schürte, hätte den Namen „Deutschland sucht die Nazi-Metapher“ redlich verdient. Auch ATTAC sah sich natürlich zu einer Reaktion gezwungen. Werner Rätz, Sprecher von ATTAC, schämte sich in Grund und Boden: „Wir müssen uns entschuldigen. Was geschehen ist, hätte so nicht passieren dürfen. Es tut uns mehr als leid.“
Nicht, dass es irgendjemanden verwundert hätte, dass die Schmusekätzchen unter den GlobalisierungskritikerInnen sich eilig von den „ Autonomen“ distanziert haben. Das ist ATTAC Mitgliedern wie Heiner Geißler auch schuldig. Realpolitische Forderungen wie die Einführung der Tobin-Steuer klingen sowieso eher nach einem Wahlprogramm als nach einem antikapitalistischen Manifest. Jedoch dürfte es einige von ihren roten Socken gehauen haben, als sich auch die Interventionistische Linke (IL), die als bundesweiter Zusammenschluss linksradikale Inhalte in die Bewegung tragen wollte, klar von der Gewalt distanzierte, die aus ihrem eigenen Demoblock kam. Spätestens nach den Reaktionen der IL müssen sich die letzten IdealistInnen von der Illusion verabschieden, dass irgendwer in einem großen Bündnis radikale Inhalte transportieren kann, sofern die Gemeinsamkeit nur ein diffuses Gefühl der Ablehnung ist.
Und dennoch gab es auch einen Teil bei den Protesten gegen die G8, der sich vornahm, eben nicht in der substanzlosen Masse der GlobalisierungskritikerInnen unterzugehen und trotzdem die Kritik am Bestehenden zu äußern. Zum Beispiel das Ums-Ganze-Bündnis , bestehend aus, nennen wir sie „Post-Antifa-Strukturen“, das zum „unversöhnlichen Akt der Negation“ aufrief und sich gegen strukturellen Antiamerikanismus und Antisemitismus aussprach. Die Reaktion des Ums-Ganze-Bündnis auf die Ausschreitungen war in Folge dessen auch die außergewöhnlichste: „Liebe Polizeibeamten, behindern sie keine antikapitalistischen Aktionen, machen sie sich nicht mit den Gewalttätern in ihren Reihen gemein und distanzieren sie sich vor allen Dingen auch räumlich von diesen Gewaltgeilen“, so die Pressesprecherin der Autonomen Antifa [f], die ebenfalls am Bündnis beteiligt ist. Das ein solcher Standpunkt im Rahmen der G8-Proteste geäußert wird, wäre zweifellos ohne antideutsche Prägung nicht möglich. Kaum einE jungeR ErwachseneR mit einer linksradikalen Sozialisation ist im Jahre 2007 nicht von antideutschen Positionen beeinflusst. Das ein Teil der damaligen antideutschen GesellschaftskritikerInnen heute dennoch alles, was sich Linksradikal nennt, zu einer antisemitischen Masse verwursten will, zeugt von einer klaren Rot-Braun-Farbenblindheit.
Wirklich leid taten mir im Rückblick nicht die Gruppen, die sich durch die militanten Aktionen in ihrem friedlich-bürgerlichen Selbstverständnis verletzt sahen, sondern diejenigen, die es gar nicht nötig hatten sich von den Ausschreitungen zu distanzieren und dennoch von den Medien zur substanzlosen Masse der „friedlichen DemonstrantInnen“ gemacht wurden. Gruppen wie die Clowns Army und die Hedonistische Internationale oder alternative Aktionsformen hatten somit kaum Chancen, von großen Medien wahrgenommen zu werden.

Kommen wir endlich zu den so genannten Autonomen selbst. Es ist unumgänglich, dass eine reformistische oder parlamentarische Linke sich stets von ihnen distanziert. Immerhin versucht sie, den bürgerlichen Mainstream auf ihre Seite zu bringen oder die Politik als NGO von ihren Anliegen zu überzeugen.
Ein Großteil der Linksradikalen, die sich an den Ausschreitungen beteiligten, hatten bereits vor dem Gipfel erlebt, dass die Repression und die staatliche Überwachung aller Lebensbereiche beachtliche Züge annimmt: Die Razzien in autonomen Zentren und angedrohte Sicherheitsverwahrungen von Linksradikalen sind nur wenige Beispiele dafür. Am 16. Juli, mittlerweile nach dem Gipfel, war es aufgrund polizeilicher Schikanen nicht einmal möglich, eine Antifa-Demonstration gegen das Sommerfest der bayerischen NPD in Schmidgaden durchzuführen. Es wird dabei zunehmend schwieriger, eine radikale Kritik zu formulieren, ohne daran von staatlichen Behörden gehindert zu werden. Der Ruf nach einer vollkommenen Gewaltfreiheit auf Demonstrationen ist für die Militanten eine Farce, da sie zum Einen durch die Repression nackte Gewalt erfahren, zum Anderen die strukturelle Gewalt des Kapitalismus für jedeN spührbar ist. Ein Teil der DemonstrantInnen hat sich entschieden, sich in Rostock nicht an die Demoabsprachen mit den StaatsschützerInnen zu halten, sondern den alltäglichen Krieg auf der Demo sichtbar zu machen, den das bürgerliche Bewusstsein ausblendet. Oder um es mit den Worten eines Mobilisierungsvideos des Ums-Ganze-Bündnisses zu sagen: „Was das System verdient, ist nicht der Dialog, sondern ein unmissverständliches FUCK YOU!“
Selbstverständlich ist durch die Militanz in Rostock keine Revolution ausgebrochen. Es wurde den Verhältnissen nur symbolisch der Krieg erklärt. Dieser Kriegserklärung wurde jedoch ein fabelhafter Sendeplatz in der Tagesschau am 02. Juli eingeräumt. Kein Oskar Lafontaine, kein Ströbele und schon gar keine ATTAC-Parteisoldaten durften über ihre großen Taten berichten, sondern Aktionen, die sich an keine Kooperationen mit der Polizei hielten und dem Volk keinen Honig ums Maul schmierten, bestimmten das Bild. Mittlerweile ist klar, dass von den 433 verletzten PolizistInnen, die in den ersten hysterischen Presseberichten gemeldet wurden, lediglich zwei ins Krankenhaus mussten.
Natürlich haben die Militanten keine gemeinsame theoretische Grundlage. Zu diffus ist ihre Zusammensetzung. Dennoch sind die Vergleiche mit Nazis vor allem aus dem Grund aus der Luft gegriffen, da gerade die Post-Autonomen und Post-AntifaschistInnen, welche wohl zum größten Teil an den Ausschreitungen beteiligt waren, eine konsequente Kritik am strukturellen Antisemitismus und Nationalismus einiger GlobalisierungskritikerInnen teilen. Ebenso wenig gehen sie im kollektivistischen Wir-Gefühl der GlobalisierungskritikerInnen unter und scheuen sich trotzdem nicht davor, im Sinne einer Politik der ersten Person ihre radikale Ablehnung des Kapitalismus zum Ausdruck zu bringen, auch bei Gipfeln wie dem G8-Meeting.
Logisch ist, dass die Vielfältigkeit der Aktionsformen, die immer wieder in den Reihen der GlobalisierungskritikerInnen geäußert wird, solange keine Militanz einschließt, wie sich die meisten am Protest beteiligten Gruppen als bürgerliche Interessengruppen innerhalb des Kontexts von Nation und Kapitalismus darstellen. Es stimmt zwar: Steine sind keine Argumente. Aber Reformismus ist auch keine Revolution, sondern lediglich die Bestätigung des Status Quo.

Von Yvonne Hegel

Posted in aktuell, antifa, gesellschaft, heft 2, yvonne hegel.


Kapitalistischer Schrott

Etwas mehr als 20 Jahre Cernobyl. Ein paar Jahre angeblicher Atomausstieg. Und unzählige Jahre des beleidigenden Geschwätzes von den sogenannten sichersten Reaktoren der Welt, die wir hier stehen hätten. Der sozialistische Schrott in Chernobyl war Schrott, ja, unbestritten; und dann, als er in die Luft geflogen war, hat Gorbatchevs Staat es erst zugegeben, als es schon überall messbar war.

Hier, bei „uns“, kann so etwas natürlich nicht passieren. Hier haben „wir“ sogenannte westliche Sicherheitstechnik. Hier wird kein Atomkraftwerk explodieren, nur weil sich zufällig herausstellt, dass die Kühlstäbe von unten in den Reaktor eingeschoben werden müssten, aber nicht mehr können.

Hier können höchstens Kühlstäbe nicht mehr in den Reaktor eingeschoben werden, weil sie sich in der Hitze verbogen haben. Hier wird man nicht die Fehler von Chernobyl nochmal machen. Wieso auch, es gibt genug eigene, die man machen kann.

Die kapitalistische Atomwirtschaft ist Mord, so wie die sozialistische Atomwirtschaft Mord war. Vattenfall hat in einer Handvoll Monaten fast 3 Kernschmelzen produziert, und das ist nur das, was man nachträglich erfahren hat; auch bei e.on hat es gebrannt, wie man heute weiss, und dabei ist noch lange nicht eingerechnet, was man nicht weiss.

Und auch hier war erst gar nichts, dann ein bisschen was, und dann kann man immer noch den Vattenfall-Chef feuern und hoffen, dass alle dann glauben, damit hätte sich irgendetwas geändert.

Das wirklich schlimme ist, dass es stimmt. Es glauben wirklich alle. Niemand erhebt Einspruch. Niemanden scheint es zu wundern, immerhin, es ist nichts neues; aber wo ist auch nur die mindeste Spur des Protestes?

Wo ist die ruhmreiche Anti-Atom-Bewegung? Wo sind die wackeren Kämpen, die immer Betroffenen, die Mütter gegen Atomkraft und die sonstigen Vereine für Umwelt- und Lebensschutz, die bisher noch nie vor einer Mahnwache zurückgeschreckt sind? 20 Jahre nach Chernobyl ist etwas passiert, nach dem auch der letzte Idiot nicht mehr glauben kann, dass so etwas nicht jederzeit auch hier passieren könnte. Und alles schweigt. Schweigend lassen sie die Verantwortlichen Schadensbegrenzung betreiben, das heisst: Vertuschung.

Die Wahrheit ist: es gibt da nichts mehr. Nicht mehr die Anti-Atom-Bewegung, nicht mehr die Linke, schon lange nicht mehr ihre wenigen Stärken und nicht einmal mehr ihre vielen Idiotien; nicht mehr als Objekt der Kritik, nicht einmal mehr des Spottes. Es gibt uns und sonst nichts, und das ist erschütternd wenig.

Die bisherige Anti-Atom-Bewegung hat gezeigt, dass sie in kritischen Momenten verstummt. Der Weg wäre also frei, immerhin, ohne die Kontamination des Lebens- und Heimatschutzes, der in dieser Bewegung niemals gefehlt hat, in Erinnerung zu bringen, dass eine Gesellschaftsordnung, in der solche Kraftwerke betrieben werden können, nichts anderes ist als die vollendete Verneinung des Menschen.

Jörg Finkenberger

Posted in aktuell, heft 2, jörg finkenberger.